Eine kurze Geschichte der Stadt Köln
von O l i v e r M e i ß n e r
Die Anfänge Kölns - von der Ubierstadt zum Rom des
Nordens
Die Ursprünge der Stadt Köln finden sich in römischer
Zeit. Die Geschichte der Römer im Rheinland beginnt mit
keinem Geringeren als Gaius Julius Caesar, der sich 58 v.Chr.
vornahm, ganz Gallien zu erobern. Auf seinem Eroberungsfeldzug
kam Caesar auch durch die Rheinlande, wo damals der keltisch-germanische
Stamm der Eburonen lebte. Zunächst unterwarfen sich die Eburonen
den Römern, aber im Winter 55/54 v.Chr. erhoben sie sich
plötzlich zusammen mit ihren Nachbarstämmen zu einem
Aufstand unter der Führung ihres Häuptlings Ambiorix.
Die Eburonen löschten ein ganzes römisches Winterlager
mit anderthalb Legionen (ca. 9.000 Mann) an der unteren Maas aus.
Caesar war außer sich vor Wut. Er hob in Norditalien neue
Legionen aus und kehrte mit insgesamt 10 Legionen in die Rheinlande
zurück, wo er einen Vernichtungsfeldzug gegen die Eburonen
führte. Die Reste des zerschlagenen Stammes gab er der Beutegier
der Nachbarstämme preis. Danach war der Stamm der Eburonen
aus der Geschichte verschwunden und das Rheinland weitgehend entvölkert;
Urwald und Sümpfe beherrschten die Landschaft.
Dies änderte sich erst unter Marcus Vipsanius Agrippa, der
von seinem Freund Oktavian, dem späteren Kaiser Augustus,
39 v.Chr. zum Statthalter für ganz Gallien eingesetzt wurde.
Dazu gehörte auch das von Caesar eroberte linksrheinische
Germanien. 38 v.Chr. kam Agrippa ins Rheinland und veranlaßte
hier den Aufbau von dem, was man heute als Infrastruktur bezeichnen
würde. Es wurden Rodungen durchgeführt, Straßen
gebaut, Kastelle und Poststationen errichtet und schließlich
Siedlungen und Gehöfte angelegt. Dies konnte das römische
Heer alleine nicht leisten. Man brauchte Menschen, die sich dauerhaft
niederließen, das Land urbar machten und verteidigten.
Besonders geeignet erschien ein römerfreundlicher Germanenstamm,
der auf der anderen Rheinseite lebte und bereits für Caesar
Kundschafterdienste geleistet hatte - die Ubier. Diese waren
an dem Angebot, das fruchtbare Rheinland zu besiedeln, stark interessiert,
zumal sie von den nach Westen strebenden Sueben bedrängt
wurden. Eine planmäßige Ansiedlung der Ubier in der
Kölner Bucht fand wahrscheinlich erst nach Agrippas zweitem
Aufenthalt als Statthalter, 19 v.Chr., statt. Ein Vertrag sicherte
den Ubiern den Status von Bundesgenossen der Römer zu.
Die Stammeshauptstadt der Ubier
Die Ubier benötigten einen zentralen Ort für ihr Stammesgebiet.
Die Wahl fiel auf ein hochwasserfreies Plateau am Rhein, welches
sich gut verteidigen ließ und außerdem einen natürlichen,
durch eine Rheininsel geschützten Hafen besaß. Die
Rheininsel entspricht etwa der heutigen Altstadt, der Rheinarm
floß dort, wo sich heute Altermarkt und Heumarkt erstrecken.
Auf der Treppe, die neben dem Rathausturm zum Altermarkt herunterführt,
kann man den Niveauunterschied zwischen Plateau und Rheinarm heute
noch nachempfinden. Wann das oppidum Ubiorum, was soviel heißt
wie "umwallte Siedlung der Ubier", angelegt wurde, ist
unbekannt. Die ältesten archäologischen Zeugnisse reichen
aber nur wenig über die Zeitenwende hinaus, so daß
grob von einer Entstehung um 1 v.Chr. ausgegangen werden kann.
Die zentrale Siedlung der Ubier an der Stelle des heutigen Köln
nahm einen raschen Aufstieg als regionale Hauptstadt und Veteranenkolonie.
Die gescheiterte Vision einer Provinz Großgermanien
Kaiser Augustus plante die Errichtung einer Provinz Germania Magna
- Großgermanien - , die sich weit über den Rhein bis
an die Elbe erstrecken sollte, und als deren Hauptstadt Köln
vorgesehen war. Ab 12 v.Chr. haben die römischen Truppen
unter dem Befehl von Drusus dem Älteren und Tiberius die
kaiserlichen Pläne in die Tat umgesetzt, den germanischen
Raum bis zur Elbe erobert und ihn durch Straßen und Kastelle
erschlossen. Die Römer waren unter dem Statthalter Publius
Quinctilius Varus bereits damit beschäftigt, das scheinbar
befriedete Gebiet zu kolonialisieren, als bei einem Aufstand der
Cherusker im östlichen Germanien 9 n.Chr. drei Legionen (ca
18.000 Mann) in der sogenannten Schlacht im Teutoburger Wald untergingen.
Varus beging Selbstmord. Der entsetzte Augustus sandte seinen
Stiefsohn und späteren Nachfolger Tiberius, um zumindest
zu verhindern, daß die aufständischen Germanen in das
befriedete Gallien einbrechen - eine für die Römer alptraumhafte
Vorstellung. Der Rhein wurde nach dieser Katastrophe zur dauerhaften
Grenze des Römischen Reiches gegenüber dem germanischen
Raum.
Agrippina die Jüngere
Beim Tod des Augustus 14 n.Chr. brachen unter den beiden bei der
Ubierstadt stationierten Legionen Unruhen aus, die jedoch durch
den Statthalter und Feldherrn Germanicus, einem Neffen des neuen
Kaisers Tiberius, unterdrückt wurden. Seine Gemahlin, Agrippina
die Ältere, gebar ihm ein Jahr später, am 6. November
15 n.Chr., im oppidum Ubiorum eine Tochter, die als Agrippina
die Jüngere in die Geschichte eingehen sollte. Ihr Großvater
mütterlicherseits war kein geringerer als Marcus Vipsanius
Agrippa. Agrippina die Jüngere wurde mit 13 Jahren im Rom
zum ersten Mal verheiratet. Nachdem sie zwei vermögende Ehemänner
und die Verbannung durch ihren Bruder, Kaiser Caligula. 39 n.Chr.
überlebt hatte, griff die sowohl reiche als auch attraktive
und ehrgeizige Witwe nach der höchsten Würde: sie
heiratete 49 n.Chr. ihren Onkel, Kaiser Claudius, wofür extra
die römischen Ehegesetze geändert wurden. 50 n.Chr.
erhielt Agrippina als erste Gemahlin eines Kaisers den Ehrentitel
Augusta, und ihr Sohn aus erster Ehe, der spätere Kaiser Nero,
wurde von Claudius adoptiert und heiratete dessen Tochter aus
erster Ehe. Agrippina die Jüngere erlangte eine für
eine Kaiserin außergewöhnliche Machtstellung und um
dies auch im Reich zu demonstrieren, veranlaßte sie ihren
Gemahl 50 n.Chr., ihre Geburtsstadt, das oppidum Ubiorum, zu einer
Kolonie römischen Rechts zu erheben, die fortan den klangvollen
Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium führte.
Colonia bedeutet Kolonie römischen Rechts, Claudia weist
auf Kaiser Claudius hin, Ara steht für einen zentralen Altar
und Agrippinensium ist der Hinweis auf Agrippina. Später
hat Agrippina ihren Gatten Kaiser Claudius - jedenfalls sind sich
die Quellen einig - vergiftet, damit ihr Sohn aus erster Ehe,
Nero, Kaiser wird. Da dieser erst 17 Jahre alt war, übernahm
Agrippina zunächst die Regierungsgeschäfte. Doch es
kam zu einer Entfremdung zwischen Nero und seiner Mutter, die
darin gipfelte, daß er sie 54 n.Chr. umbringen ließ.
Die Topographie der römischen Köln
Nach ihrer Erhebung zur Kolonie erhielt die Stadt 50 bis 70 n.Chr.
eine riesige Stadtmauer von ca. 8 Metern Höhe und 2,40 Metern
Dicke, die nicht nur die feindlichen Germanen auf der anderen
Rheinseite von einem Angriff abhalten, sondern ihnen auch die
Macht des Imperium Romanum vor Augen führen sollte. Die Stadtmauer
umfaßte etwa einen Quadratkilometer Fläche, die durch
zwei große Hauptstraßen gegliedert wurde. Der cardo
maximus verlief in Nord-Süd-Richtung und war Bestandteil
der großen Heeresstraße, die von der Nordsee über
Nimwegen, Xanten, Köln und Mainz entlang des Rheins nach
Süden führte. Der decumanus maximus - die Ost-West-
Achse - stieß senkrecht auf den cardo maximus und war das
Ende einer Handelsstraße ins Innere Galliens. Diese beiden
Hauptstraßen prägen auch heute noch das Stadtbild von
Köln - der cardo maximus entspricht in etwa der Hohen Straße,
der decumanus maximus der Schildergasse. Wo diese beiden Straßen
aufeinandertrafen, war das antike Forum, der zentrale Markt- und
Versammlungsplatz der Stadt. Alle Straßen des römischen
Köln verliefen parallel zu den beiden Hauptstraßen,
so daß sich ein Schachbrettmuster für das Straßennetz
ergab. Nur im Süden wich die Stadtmauer von der rechteckigen
Stadtanlage ab, da sie dort dem Verlauf des Duffesbaches angepaßt
war. Bekannte Überreste der Römermauer sind der Römerturm
an der Zeughausstraße und der kleine Seitenbogen des Nordtores
auf der Domplatte.
Die Krise des Vier-Kaiser-Jahres
68 n.Chr. beging Agrippinas Sohn, Kaiser Nero, Selbstmord und
kam damit seiner Ermordnung zuvor. Er war untragbar geworden;
die Statthalter zahlreicher Provinzen hatten sich bereits erhoben.
Da mit Neros Tod das julisch-claudische Kaiserhaus erlosch, stellte
sich die Frage der Nachfolge. Der spanische Statthalter Galba
errang mit Billigung des Senats die Kaiserwürde, wurde aber
im Januar 69 n.Chr. von seinem Konkurrenten Otho mit Hilfe der
Prätorianergarde beseitigt. Zeitgleich riefen in Köln
die in Germanien stationierten Legionen den Befehlshaber des niedergermanischen
Heeres, Aulus Vitellius, zum Kaiser aus. Vitellius marschierte
mit einem Großteil seiner Legionen nach Rom, um mit Otho
um die Kaiserwürde zu kämpfen. Während die Krise
des sogenannten Vier-Kaiser-Jahres ihren Lauf nahm, erhob sich
im Nordosten des Reiches der Germanenstamm der Bataver, der es
angesichts der abgezogenen Legionen leicht hatten, die römische
Herrschaft zu beseitigen. Das ubische Köln schloß sich
zunächst den siegreichen Batavern an, wechselte aber wieder
auf die römische Seite, als die Bataver die Beseitigung der
Stadtmauer forderten. Vitellius besiegte derweil Otho und zog
als Kaiser in Rom ein. Damit hatten jedoch die Donaulegionen und
die Legionen des Ostens in Ägypten und Syrien ein Problem,
da sie bereits Otho anerkannt hatten und nun Nachteile befürchteten.
Sie besiegten Vitellius und verhalfen ihren eigenen Kandidaten,
Vespasian, auf den Kaiserthron. Dieser schlug den Aufstand der
Bataver nieder und gründete die flavische Dynastie. Nach
der Krise des Jahres 69 n.Chr. begann für das römische
Köln eine 190 Jahre andauernde Zeit des Friedens, in der
es als römische Provinzhauptstadt und Handelsmetropole in
voller Blüte stand.
Köln als Hauptstadt der Provinz Niedergermanien
Unter Kaiser Domitian (81-96 n.Chr.) wurde der niedergermanische
Militärbezirk zu der eigenständigen römischen Provinz
Germania inferior ("Niedergermanien") umgewandelt,
die sich im Norden bis zur Nordsee erstreckte und im Süden
bis zum Vingstbach bei Remagen, der die Grenze zu Obergermanien
bildete. Köln wurde Sitz des vom Kaiser eingesetzten Statthalters
von Niedergermanien und damit Hauptstadt der neugeschaffenen Provinz.
Davon zeugen heute noch die Ausgrabungen des Prätorium genannten
Statthalterpalastes, welche unter dem neuen Rathaus zu besichtigen
sind. Die dem Oberkommando des Statthalters unterstehenden Legionen
der Provinz Niedergermanien hatten ihre Lager bei Xanten (Vetera
II) und Bonn. In Köln waren keine Legionen stationiert, dafür
aber die römische Rheinflotte (Alteburger Flottenkastell
im Süden der Stadt) und die Garde des Statthalters.
Die Legionäre hatten eine 20jährige Dienstzeit und durften
in dieser Zeit nicht heiraten. Sie waren aber in ihrer freien
Zeit meist mit einer jungen Frau aus der einheimischen ubischen
Bevölkerung zusammen. Aus dieser Verbindung gingen auch oft
Kinder hervor. Nach ihrer Dienstzeit erhielten die Veteranen als
eine Art Altersversorgung entweder ein Landgut in der Nähe
Kölns sowie ein Stadthaus oder 13 Jahresgehälter in
Höhe des letzten Solds. So abgesichert, heirateten sie oft
ihre ubischen Frauen und ließen sich mit ihrer Familie in
der Veteranenkolonie Köln nieder, zu deren Aufblühen
sie als bürgerliche Schicht beitrugen. Köln bot dabei
alle Annehmlichkeiten einer römischen Provinzstadt. Es gab
Badethermen und Märkte; selbst ein Amphitheater für Theateraufführungen
ist durch Quellen belegt.
Die Verwaltung der Stadt
Der Stadtrat des römischen Köln bestand aus 100 Dekurionen
(Stadträten), die zu den reichsten Bürgern der Stadt
zählten und auf Lebenszeit ernannt waren. Man mußte
ein Mindestvermögen von 100.000 Sesterzen und Landbesitz
haben, um in dieses Gremium zu gelangen, wobei die Zugehörigkeit
in den großen Familien der Stadt erblich war. Die volljährigen
männlichen Bürger der Stadt wählten alljährlich
aus der Mitte des Stadtrats die Magistrate der Stadt. Die städtischen
Ämter waren unbezahlte Ehrenämter, so daß sie
nur von Reichen wahrgenommen werden konnten, die aufgrund ihres
Vermögens nicht darauf angewiesen waren, sich täglich
durch Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen und Wohltaten
für die Stadt aus eigener Tasche finanzieren konnten. An
der Spitze des Magistrats standen zwei Bürgermeister (duumviri),
die als Repräsentanten der Stadt auch deren Geschäfte
besorgten. Die beiden Aedilen hingegen hatten die Bau- und Marktaufsicht
inne, befehligten die Polizei und hatten für die Lebensmittelversorgung
der Stadt zu sorgen. Zwei Quaestoren waren als Stadtkämmerer
für die Finanzen der Stadt zuständig.
Wirtschaftsleben in römischer Zeit
Bereits in römischer Zeit war Köln eine Wirtschaftsmetropole,
in der mehrere Fernhandelswege aufeinandertrafen und über
den Hafen an die Wasserstraße Rhein angebunden wurden. Die
großen Lagerhallen, die unter der Kirche Groß St.Martin
ausgegraben wurden, zeugen vom Umfang des Handels. Exportgüter
waren vor allem bemalte weißtonige Keramik, Glasprodukte
und Öllampen, die in Massenproduktion hergestellt wurden.
Die Töpferein, die im Bereich Rudolfplatz ausgegraben wurden,
und Glashütten befanden sich wegen der Feuergefahr außerhalb
der Stadt an den Ausfallstraßen. Besonders berühmt
war Köln für seine kostbaren Glasgefäße,
die mit farbigen Glasfäden (Schlangenfadengläser) und
farbigen Glastropfen (Nuppengläser) verziert oder kunstvoll
graviert und geschliffen wurden, wie etwa die aus mehreren verschiedenfarbigen
Glasschichten bestehenden Diatretgläser.
Einer der Haupthandelspartner des römischen Köln war
Britannien. Außerdem wurde über Köln ein Großteil
des Handels der Römer mit den Stämmen des freien, unbesetzten
Germaniens auf der anderen Seite des Rheins abgewickelt.
Das Umland Kölns wurde landwirtschaftlich genutzt. Große
römische Gutshöfe, sogenannte villae rusticae, prägten
die Landschaft. Im Zentrum einer solchen Gutsanlage lag das villenartige
Herrenhaus des Gutsbesitzers, dem ein Wirtschaftshof vorgelagert
war, um den sich Stallungen, Scheunen, Vorratsräume, Gesindehäuser
und Gärten gruppierten. Gutsbesitzer war meist ein ausgedienter
Soldat.
Götter und Kulte - Religion im Rom des Nordens
Als Provinzhauptstadt war Köln auch ein religiöses Zentrum.
Das Wort ara im Namen der Stadt weist auf einen Zentralaltar
für Roma - die weibliche Verkörperung Roms - und den
vergöttlichten Kaiser Augustus hin. Nach dem Vorbild von
Rom - wo auf dem Kapitolshügel der Tempel der höchsten
Staatsgötter stand - gab es auch in Köln einen Tempel
für die kapitolinische Göttertrias Jupiter, Juno und
Minerva. Die Götter entsprechen in der griechischen Mythologie
dem Göttervater Zeus, seiner Gemahlin Hera und seiner Tochter
Pallas Athene, der Göttin der Weisheit. An der Stelle des
römischen Tempels steht heute die Kirche St. Maria im Kapitol.
Auch ein Marstempel ist für Köln belegt, in dem das
Schwert Caesars aufbewahrt wurde.
Neben dem Pantheon der römischen Staatsgöttern verbreiteten
sich in der Spätzeit der Republik immer mehr die Mysterienreligionen
des Orients, die besonders durch die Verheißung des ewigen
Lebens Zulauf erhielten. In Köln läßt sich der
Kult der Isis nachweisen, einer uralten ägyptischen Göttin,
die als Mutter des Falkengottes Horus, dessen Verkörperung
der Pharao ist, verehrt wurde und die Auferstehung ihres toten
Bruders Osiris bewirkte. In den Kirchen St.Ursula und St.Gereon
wurden eingemauerte Statuen von ihr gefunden. Ebenfalls beliebt
war Mithras, ein persischer Lichtgott, der den Menschen im Kampf
gegen die Mächte der Finsternis und des Bösen half.
Sein Kult war unter den Soldaten weit verbreitet und hatte viele
Ähnlichkeiten mit dem Christentum. Juden gab es ebenfalls
in Köln. Das Christentum hat sich wahrscheinlich seit der
ersten Hälfte des 3. Jh. in Köln verbreitet. Der erste
überlieferte Kölner Bischof ist Maternus im Jahre 313.
Die Lage seiner Bischofskirche ist jedoch unbekannt. Der älteste
Hinweis auf einen christlichen Versammlungsraum stammt aus dem
Jahr 355. Etwa um 360 wurde dann eine der ältesten christlichen
Kirchen Kölns gebaut, St.Gereon. In ihr wurden die Christen
der thebäischen Legion verehrt, die vermutlich während
der diokletianischen Christenverfolgung um 300 das Märtyrium
erlitten.
Wasser für Köln
Zur Wasserversorgung der wachsenden Stadtbevölkerung - in
der Blütezeit ca. 15.000 Einwohner in der Stadt und 5.000
Menschen im Umland - wurde kein Wasser aus dem Rhein genommen,
denn dorthin wurden die Abwässer und Abfälle entsorgt.
Zunächst leitete man frisches Quellwasser aus dem nahegelegenen
Vorgebirge (Gebiet Hürth/Gleuel) in die Stadt. Als dies nicht
mehr ausreichte, wurde im 1.Jh. n.Chr. eine ca. 95 km lange Wasserleitung
vom Urftquellgebiet bei Nettersheim in der Eifel bis zur Kölner
Stadtmauer gebaut. Das Aquädukt versorgte das antike Köln
täglich mit 24.000 m3 frischem Quellwasser. Mit
dem Wasser wurden durch ein weitverzweigtes Wasserleitungssystem
die Brunnen und Thermen der Stadt versorgt. Dem Frischwassersystem
stand ein System von vermutlich zehn parallel auf den Rhein zulaufenden
Abwasserkanälen gegenüber, welche die Abwässer
durch Öffnungen in der Stadtmauer in den Rheinhafen leiteteten.
Einen der Abwasserkanäle kann man im Prätorium besichtigen,
ein weiteres Stück wurde unter der Hafenstraße ausgegraben.
Kaiser Trajan in Köln
Doch zurück zur großen Politik. Am 27. Januar 98 n.Chr.
erhielt Trajan, zugleich Statthalter der Provinzen Ober- und Niedergermanien,
in Köln die Nachricht vom Tode des Kaisers Nerva, der ihn
97 n.Chr. adoptiert hatte und als Caesar zu seinem Nachfolger
bestimmt hatte. Interessanterweise wurde Trajan die Nachricht,
daß er Kaiser geworden war, von dem jungen Hadrian überbracht,
der später als Adoptivsohn sein Nachfolger werden sollte.
Das gallische Sonderreich 259-274 n. Chr.
Die Zeit des Friedens endete im Jahre 259 n. Chr. mit einem Einfall
von Franken in die niedergermanische Provinz. Als sie sich nach
ihren Plünderungzügen reich mit Beute beladen ins rechtsrheinische
Germanien zurückziehen wollten, gelang es dem Heerführer
Postumus, ihnen die Beute wieder abzunehmen. Statt sie den Opfern
zurückzugeben, ließ er sie unter seinen erfolgreichen
Truppen verteilen. Silvanus, der als Berater des minderjährigen
Kaisersohnes Saloninus die Provinz verwaltete, forderte die Herausgabe
der Beute an den Sohn des Kaisers. Daraufhin kam es zu einem Aufstand
der Truppen, die Postumus zum Kaiser ausriefen und Saloninus sowie
Silvanus umbrachten. Postumus begründete ein gallisches Sonderreich,
welches sich über den germanischen Raum hinaus auf ganz Gallien,
Britannien und Spanien ausweitete. Köln war als Residenz
des Postumus Hauptstadt dieses Reiches. Das ungewöhnliche
an dieser Usurpation des Kaiserthrons war ihre lange Dauer von
über zehn Jahren. Die ständige Bedrohung des Römischen
Reiches von außen hinderte jedoch den Kaiser in Rom, seine
militärischen Kräfte gegen das römische Sonderreich
im Inneren einzusetzen, zumal das Reich des Postumus die Aufgabe
der Germanenabwehr erfüllte. Der letzte Kaiser des Sonderreiches,
Tetricus, unterwarf sich 274 Kaiser Aurelian, und das Gallische
Sonderreich wurde wieder in das Imperium Romanum eingegliedert.
Im gleichen Jahr wurde jedoch Köln erstmals von einfallenden
Germanen verwüstet.
Konstantin, die erste Rheinbrücke und Bischof Maternus
310 n.Chr. kam Konstantin der Große (306-337), der seit
306 n.Chr. als Kaiser im Westen des Römischen Reiches für
die Verteidigung der Rheingrenze zuständig war, nach Köln
und ließ von den Soldaten der XXII.Legion eine feste Rheinbrücke
aus Holz mit steinernen Strompfeilern errichten. Ihr rechtsrheinischer
Brückenkopf wurde durch das 150 qm große Kastell Divitia
gesichert, aus dem sich im Laufe der Jahrhunderte der Stadtteil
Deutz entwickelte. Brücke und Kastell sollten eine schnelle
Verlegung von Truppen auf die andere Rheinseite ermöglichen.
Die Konstantinsbrücke war bereits um 400 verfallen und die
letzte feste Rheinbrücke in Köln bis 1855.
Nachdem Konstantin der Große 312 n.Chr. in Schlacht an
der Milvischen Brücke bei Rom mit dem Monogramm Christi auf
den Fahnen über den Gegenkaiser Maxentius gesiegt hatte,
erklärte er 313 n.Chr. im Mailänder Toleranzedikt das Christentum zur
erlaubten Religion. Bereits im Herbst 313 nahm Maternus, der erste
belegte Bischof von Köln, aufgrund einer Einladung Kaiser
Konstantins an einer Synode in Rom teil, die sich mit
der Irrlehre des Donatismus auseinandersetzte. Ein Jahr später
nahm er an einer Synode in Arles teil.
Auf Kaiser Konstantin gehen auch zwei Edikte zurück, die
Zeugnis darüber ablegen, daß es bereits in der Spätantike
in Köln eine wohlhabende jüdische Gemeinde gab. In dem
Edikt von 321 n.Chr. wurde die Berufung von Juden in den Stadtrat
ermöglicht. Das andere Edikt befreite hohe religiöse
Würdenträger von der Steuer. Deren Erwähnung ist
ein Hinweis darauf, daß die jüdische Gemeinde bereits
eine erhebliche Größe hatte.
Der Anfang vom Ende - die Krise des Jahres 355
355 n.Chr. erhob sich der fränkische Heeresmeister Silvanus,
der die Aufgabe hatte, die römische Grenzverteidigung in
Germanien zu organisieren, in Köln zum Kaiser, was zu seiner
baldigen Ermordung führte. Die feindlichen Franken nutzten
das Machtvakuum und eroberten noch im gleichen Jahr das römische
Köln. Die Stadt wurde geplündert, verwüstet und
teilweise zerstört.
Bereits ein Jahr später, 356 n.Chr., gelang es jedoch dem
Feldherrn Julian Apostata, ab 360 Kaiser, die Franken zu besiegen
und wieder aus dem Rheinland zu vertreiben. Er ließ das
verwüstete Köln teilweise wiederaufbauen und reorganisierte
die Grenzverteidigung, doch von dem Schlag hat sich das römische
Köln nie mehr erholt. Es lebte fortan beständig unter
dem Damoklesschwert eines erneuten Frankeneinfalls.
Stilicho, germanischer Oberbefehlshaber der weströmischen
Truppen, zog 402 den Großteil der römischen Grenztruppen
aus dem Rheinland ab, um Oberitalien gegen die Westgoten Alarichs
zu verteidigen. Damit lieferte er Köln, das nur noch ein
mühsam gehaltener römischer Vorposten am Rhein war,
endgültig den Germanen aus. 410 setzten sich die Franken
in Deutz fest, 425 wird letztmalig ein römischer Statthalter
in Köln urkundlich erwähnt.
Wenn sie wissen wollen, wie es weitergeht, schauen sie in ein
paar Monaten wieder herein.
Text: © Oliver Meißner 1997